Die türkische Umsatzsteuer ist eine allgemeine Verbrauchsteuer, die dem europäischen Mehrwertsteuersystem ähnelt, jedoch eigene nationale Besonderheiten aufweist. Unternehmen müssen sowohl die allgemeinen Regelungen als auch sektorspezifische Sondervorschriften beachten.
1. Allgemeine Anwendung der Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer fällt auf nahezu alle entgeltlichen Lieferungen und Dienstleistungen an, die innerhalb des Landes erbracht werden.
Zentrale Eckpunkte:
– Regelsteuersatz: 20 %
– Ermäßigter Steuersatz: 10 %
– Stark ermäßigter Steuersatz: 1 %
– Steuerentstehung bei Leistungserbringung oder Rechnungsstellung
– Unternehmen führen die vereinnahmte Steuer regelmäßig an die Finanzverwaltung ab.
Das System basiert – wie in der EU – auf dem Vorsteuerabzug: Unternehmen können die in Eingangsrechnungen enthaltene Steuer von ihrer Zahllast abziehen.
2. Steuerbefreiungen (USt-Befreiungen)
Bestimmte Umsätze sind vollständig von der Umsatzsteuer befreit.
Typische Bereiche:
– Ausfuhrlieferungen und international verwendete Dienstleistungen
– Transportleistungen im grenzüberschreitenden Verkehr
– Finanz- und Bankgeschäfte (nicht der Umsatzsteuer unterliegend)
– Bestimmte medizinische, soziale und bildungsbezogene Leistungen
– Umsätze an diplomatische Vertretungen und internationale Organisationen.
Bei exportbezogenen Umsätzen führt die Befreiung regelmäßig zu einem Erstattungsanspruch auf Vorsteuer.
3. Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Reverse Charge) – Praktische Umsetzung
Das türkische Recht kennt ein weitreichendes Reverse-Charge-System, mit dem die Steuerpflicht ganz oder teilweise auf den Leistungsempfänger übergeht. Dies dient der Sicherstellung des Steueraufkommens in risikoreichen Branchen.
Typische Anwendungsbereiche:
– Bau-, Montage- und Installationsleistungen
– Reinigungs-, Sicherheits- und Catering-Dienstleistungen
– Beratungs-, Werbe- und Arbeitskräfteüberlassungsleistungen
– Lieferungen bestimmter riskanter Güter wie Metalle, Recyclingmaterialien, Textilien
– Leistungen an öffentliche Institutionen im Rahmen gesetzlich definierter Kategorien.
Arten des Reverse Charge:
Vollständiges Reverse Charge:
Die gesamte Umsatzsteuer wird durch den Leistungsempfänger erklärt und abgeführt.
Teilweises Reverse Charge:
Ein bestimmter Prozentsatz wird vom Empfänger einbehalten und abgeführt, während der Rest vom leistenden Unternehmen selbst erklärt wird.
Dieses System verhindert Steuerausfälle und ermöglicht exakte Kontrollmechanismen über elektronische Meldewege.
4. Zusammenfassung
Das türkische Umsatzsteuersystem kombiniert klassische Mehrwertsteuergrundsätze mit einem differenzierten Reverse-Charge-Modell. Unternehmen müssen sowohl die allgemeinen Steuervorschriften als auch zahlreiche branchenspezifische Spezialregeln im Blick behalten. Die vollständige Digitalisierung des Rechnungs- und Buchführungswesens unterstützt Kontrolle, Transparenz und Effizienz des Systems.
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